Chianti Classico DOCG – Italiens Klassiker
Gibt es in Italien ein berühmteres Anbaugebiet als Chianti in der Toskana? Wohl kaum. Il centro, das Zentrum des Chianti, ist das sogenannte Chianti Classico zwischen Florenz und Siena. Hier entstehen unter dem Zeichen des schwarzen Hahns großartige Weine.
Im Kern des rund 24.000 Hektar umfassenden Gebietes von Chianti gibt es einen Kern, ein klassisches Gebiet, das seit 1716 als Chianti Classico bezeichnet wird. Die Region beginnt in den Vororten von Florenz, erstreckt sich bis zu den Chianti-Bergen im Osten, den Flüssen Pesa und Elsa im Westen sowie bis nach Siena, das im Süden liegt. Die Via Chiantigiana verbindet die beiden großen Städte, und hier hat sich der Legende nach auch jenes Ereignis zugetragen, das den Gallo nero, den schwarzen Hahn, zum Symbol des Chianti Classico hat werden lassen. Zwischen den beiden Stadtstaaten Florenz und Siena gab es im 12. und 13. Jahrhundert lang andauernde Konflikte, die durch folgenden Wettstreit auf der Via Chiantigiana behoben werden sollten. Zwei Ritter der jeweiligen Städte sollten beim ersten Hahnenschrei in vollem Galopp in die Richtung der gegnerischen Stadt reiten. Dort, wo sie sich treffen würden, sollte die Grenze zwischen den beiden Städten markiert werden. Während der weiße Hahn der Sieneser gut gemästet und faul sich erst spät zum Weckruf entschloss, hatte man den schwarzen Florentiner Hahn hungrig und kurz gehalten, sodass er seinen Schrei sehr früh ausstieß und der Florentiner Reiter unweit der Stadtmauern von Siena auf seinen Gegenpart traf. Seit dieser Zeit hat der Gallo nero eine besondere Bedeutung in der Toskana.
Das Chianti gehört zu den frühesten Appellationen, in denen es Qualitätsvorgaben zur Weinbereitung gab. Legendär sind die Forschungen des Barons Ricasoli bis in die 1850er-Jahre, der eine Art Formel für den besten Chianti niederlegte. Bis dahin bestand der Chianti vor allem aus Canaiolo mit kleineren Mengen an Sangiovese, Mammolo, Marzemino sowie weißem Trebbiano und Malvasia. Seit Ricasoli lautete die Formel: mindestens 75 % Sangiovese und mindestens 15 % Canaiolo. 1996 haben sich die Statuten deutlich verändert. Aus der Subzone des Classico wurde eine eigene DOCG Chianti Classico mit den besten Höhenlagen südlich von Greve, nördlich von Radda sowie Castellina und den Hängen, die sich von Gaiole nach Süden hin bis Castelnuovo erstrecken. Beim Chianti Classico werden heute mindestens 80 % Sangiovese genutzt. Für die weiteren Weine dürfen höchstens 20 % Canaiolo und Mammolo, aber auch Syrah, Merlot oder Cabernet verwendet werden. Seit 2014 gibt es eine dreistufige Qualitätspyramide mit dem Chianti Classico Rosso, der Riserva und der Gran Selezione. Der Rosso muss mindestens ein Jahr reifen, die Riserva mindestens 24 Monate und die Gran Selezione mindestens 30 Monate.
Morellino di Scansano DOCG – Sangiovese aus der Maremma
Der Sangiovese hat viele Bezeichnungen in der Toskana. Rund um Grosseto und Scansano heißt er Morellino. Die Reben mit diesem klangvollen Namen bringen heute sehr fruchtige und zugleich elegante Weine hervor.
Lange Zeit hat man die Maremma als Anbaugebiet in der Toskana kaum wahrgenommen. Entsprechend unbekannt war das kleine, heute aber 1.305 Hektar umfassende Gebiet des Morellino di Scansano. Das hat sich erst Anfang der 1980er langsam, aber stetig geändert. Dazu waren Vorreiterinnen wie Elisabetta Geppetti und ihr damals neu gegründetes Weingut Fattoria Le Pupille notwendig. La Signora del Morellino, wie sie schon lange genannt wird, hat diese Spielart des Sangiovese auf die internationale Bühne gebracht. Le Pupille wurde ein Begriff in der Weinwelt, und eine ganze Reihe von Winzern folgte ihr. Heute gibt es zwei Arten des Morellino. Der Rosso und die Riserva verfügen über mindestens 85 % Sangiovese. Der Rosso wird dabei wenigstens über fünf Monate ausgebaut, die Riserva aber über mindestens zwei Jahre, von denen der Wein ein Jahr lang im Fass liegen muss.
Vernaccia di San Gimignano DOCG – hohe Türme und feine Weißweine
Rund um San Gimignano, die Stadt der Türme, entsteht der wohl bekannteste Weißwein der Toskana. Der Vernaccia di San Gimignano mit seinem charakteristischen Mandelblüten- und Feuersteinduft ist so frisch wie elegant und als Riserva ein echter Langstreckenläufer. Weltberühmt ist das mittelalterliche Städtchen San Gimignano, das in der Provinz Siena liegt, weltberühmt für seine besonders hohen Geschlechtertürme, die das Stadtbild prägen, aber genauso für seinen Weißwein. Der Vernaccia di San Gimignano ist schon seit der Renaissance bekannt, hat also eine lange Tradition, die dazu führte, dass Vernaccia di San Gimignano 1966 zur ersten DOC Italiens ernannt wurde. Seit 1993 hat der Wein sogar den Status einer DOCG, was seine Klasse hervorhebt. Es gibt den feinen und eleganten Wein, der meistens nach Mandelblüten, Mandeln und Feuerstein duftet, als Bianco und als Riserva. Als Riserva muss der Wein mindestens elf Monate zum Teil im Holzfass reifen. Da es sich bei dem Vernaccia um einen trockenen Wein handelt, darf der Restzucker nie vier Gramm pro Liter übersteigen.
Bolgheri DOC – die Heimat vieler Super-Tuscans
Was wäre Italiens Weinbau ohne die Weine aus Bolgheri? Weine wie der Sassicaia haben Italien wieder auf die Weltbühne für große Weine gebracht, und zwar mit Rebsorten wie Cabernet, Merlot und Syrah, die man in der Toskana eigentlich gar nicht vermutet hatte.
Es ist schon eine erstaunliche Geschichte. Da baut ein einzelner Winzer aus der Nähe von Bolgheri zu seinem Privatvergnügen ab Ende der 1940er-Jahre Cabernet Sauvignon an, und es dauert bis in die frühen 1970er-Jahre, dass sein Sohn Nicolò, sein Neffe Piero Antinori und dessen Weinmacher Giacomo Tacchis ihn davon überzeugen können, diesen Wein in den Markt zu bringen. Der Wein mit Namen Sassicaia sollte weltberühmt werden und das Weinland Italien für immer verändern. Damals waren Bordeaux-Rebsorten in der Toskana gar nicht vorgesehen, weshalb der Sassicaia und ähnliche Weine als Tafelwein verkauft wurden, als vino di tavola. Diese Weine waren dann allerdings die ersten, die den Grand Crus aus Bordeaux ernsthaft Konkurrenz boten. 1983 wurde Bogheri schließlich zur DOC erhoben – allerdings nur für Weißwein aus Vermentino und für Rosato aus Sangiovese. Erst im Jahr 1994 wurden auch die Rotweine samt ihren französischen Sorten integriert. Gleichzeitig wurde dem Sassicaia der Tenuta San Guido der Status einer eigenen Unterzone zugeteilt. Seit 2013 ist Bolgheri Sassicaia sogar eine eigene DOC.
Bolgheri Sassicaia DOC – eine eigene Appellation für einen großen Wein
Die Geschichte des Weinguts Tenuta San Guido und dem Flaggschiff Sassicaia ist einzigartig. Der Wein hat den italienischen Weinbau erneuert. Deshalb ist der Sassicaia der einzige Wein in Italien, der eine eigene DOC erhalten hat.
Wein hat Marchese Mario Incisa della Rocchetta auf seinem Gut unweit von Grossetto in der Maremma schon lange gemacht. Doch für sich selbst und seine Familie hat er 1949 ein paar Rebstöcke Cabernet angepflanzt und den Cabernet dann als Familienwein ausgebaut. Genannt hat er den Wein Sassicaia, abgeleitet von den sassi, den vielen Steinen, die auf dem Weinberg bei Bolgheri liegen. Es hat allerdings bis in die frühen 1970er-Jahre gedauert, bis Mario Incisa von seinem Sohn Nicolò, seinem Neffen Piero Antinori sowie dessen Weinmacher Giacomo Tacchis davon überzeugt werden konnte, diesen Wein auch einmal für ein größeres Publikum abzufüllen. Mit dem Jahrgang 1968 kam der erste Sassicaia in den Handel, ein vino di tavola, ein Tafelwein; denn die Nutzung von Cabernet war in einem italienischen Qualitätswein damals nicht erlaubt. Ab da begann der langsame, aber stetige Siegeszug dieses völlig ungewöhnlichen massiven, dichten und komplexen toskanischen Rotweins, der es locker mit den besten Gewächsen aus Bordeaux aufnehmen konnte. So wurde der Sassicaia der Vater aller Super-Tuscans, wie amerikanische Importeure diesen Weinstil später bezeichneten. Es hat bis ins Jahr 1994 gedauert, dass die Appellation Bolgheri, bekannt eigentlich für Weiß- und Roséweine, auch Rotweine aufgenommen hat. Der Sassicaia bekam damals schon die Sonderstellung einer Subzone. 2013 erhielt der Wein schließlich eine eigene DOC. Formal muss der Wein mindestens 80 % Cabernet Sauvignon beinhalten und mindestens 18 Monate im Holz ausgebaut werden. Die Hektargröße der Appellation liegt bei 79.
Maremma Toscana DOC – die Weine der alten Toskana
Lange war die Maremma eine Sumpflandschaft. Von Wein sprach kaum jemand. Doch nach und nach wurden Weine wie zum Beispiel der Morellino immer populärer. Heute verfügt fast jedes berühmte toskanische Weingut über Weinberge in der Maremma.
Die Maremma, umgangssprachlich hieß dies im Mittelalter so viel wie sumpfige Landschaft, umfasst die südliche Toskana und einen kleinen Teil des nördlichen Latiums. Kern des Gebietes sind die Hügelketten der Monti dell’Uccellina sowie die Gebietshauptstadt Grosseto. Mit Weinen wie dem Sassicaia und dem Morellino di Scansano von Le Pupille kam ab den frühen 1980er-Jahren der Erfolg in die Region. Einerseits wurden die Supertoskaner populär, andererseits auch einige wenige Klassiker der Region. Heute umfasst die DOC Maremma Toscana, die 2011 von einer IGP zur DOC aufgewertet wurde, sowohl ursprünglich heimische Sorten wie zugewanderte. Ausgebaut werden sie von einer großen Zahl bedeutender Weingüter, die ihren Sitz oft in anderen Bereichen der Toskana haben, jedoch in der Maremma in Weinberge und oft auch in schicke Neubauten investiert haben. Das Anbaugebiet von 1.500 Hektar umfasst 23 Gemeinden in der Provinz Grosseto. Angebaut werden vor allem Ansonica, Chardonnay, Sauvignon, Trebbiano, Vermentino und Viognier, bei den Rotweinen sind es Sangiovese (Morellino), Alicante, Cabernet Sauvignon, Canaiolo, Ciliegiolo, Merlot und Syrah. Die Weine müssen mindestens 85 % einer Rebsorte enthalten, wenn der Name der Rebsorte auf dem Etikett steht. Neben der DOC dürfen auch qualifizierte Gemeindenamen und Lagen auf dem Etikett erscheinen. Neben trockenem weißen, roséfarbenen und roten Wein entsteht auch Spumante sowie süßer Passito sowie Vendemmia tardiva.
Rosso di Montalcino DOC – der gar nicht so kleine Bruder des Brunello
Innerhalb weniger Jahrzehnte hat sich der Brunello di Montalcino zu einem der begehrtesten Weine Italiens entwickelt. Der Rosso ist der perfekte Partner. Er stammt von jüngeren Rebstöcken und wird nicht so lange wie der Brunello im Keller ausgebaut. Dafür bietet er viel schneller grande piacere.
Die Weinberge rund um den Ort Montalcino beherbergen einen Schatz. Dieser Schatz ist eine besondere Form des Sangiovese, der dort Brunello genannt wird. Entdeckt wurde diese Art Ende des 19. Jahrhunderts, und es gab lange Zeit nur eine Handvoll Weingüter, die daraus Wein erzeugten. Doch seit den späten 1960er-Jahren ist dieser Wein immer populärer geworden. Der Brunello di Montalcino ist heute einer der gefragtesten Weine Italiens. Doch es ist auch ein Wein, der erstens teuer ist und zweitens lange reifen sollte. Deshalb gibt es daneben den Rosso di Montalcino. Dahinter steckt ebenfalls der Brunello, aber dieser Wein stammt meist von jüngeren Reben, wird nicht so stark extrahiert, ist also heller, frischer und etwas weniger gerbstoffbetont. Trotzdem, selbst der Rosso, der auf etwas weniger als 500 Hektar angebaut wird, reift über mindestens 10 Monate, hat Struktur und auch ein gutes Maß an Komplexität. Das macht ihn fast ebenso populär wie den Brunello.
Rosso di Montepulciano DOC – ein bisschen Vino Nobile in jeder Flasche
Ein wenig verwirrend ist es schon. Ist der Rosso di Montepulciano ein Wein aus den Abruzzen? Nein, der Rosso ist der kleine Bruder des berühmten Vino Nobile di Montepulciano. Und von den dessen fama e qualità findet man auch etwas in jeder Flasche Rosso.
Neben dem Chianti Classico, dem Morellino di Scansano und dem Brunello di Montalcino ist der Vino Nobile di Montepulciano der bekannteste Sangiovese der Toskana. Die Trauben wachsen rund um die Ortschaft Montepulciano unweit von Siena und werden dort Prugnolo Gentile genannt. Aus dem Prugnolo Gentile entsteht auch der kleinere Bruder des Vino Nobile, der Rosso di Montepulciano. Der wird über wenigstens vier Monate ausgebaut und besteht zu mindestens 70 % aus Sangiovese, zudem darf Canaiolo verwendet werden neben fünf weißen Sorten wie etwa Trebbiano oder Malvasia. Das heißt, wenn so klassisch gearbeitet wird, hat der Rosso durchaus etwas von einem klassischen Chianti. Das Anbaugebiet ist klein und umfasst lediglich 250 Hektar. Dort aber entstehen einige sehr schöne Rossi, die schon jung zu trinken sind, aber immer weinig, floral und saftig bleiben.
Toscano / Toscana IGP – so abwechslungsreich wie die gesamte Region
Die Toskana ist für ihre Schönheit bekannt, für das gute Essen, das Olivenöl und natürlich den Wein. Die vini di tavola della Toscana zeigen, dass es noch viel mehr gibt als Chianti, Brunello und Co.
Die Landwein-Appellationen Italiens sind für all jene Weine gedacht, die nicht so tipico e tradizionale sind wie Chianti oder Vernaccia di San Gimignano. Es sind Weine, die teils aus zugereisten Sorten bestehen, teils einfach anders gemacht sind. Landweine können, müssen aber nicht die einfacheren Weine sein. Das sieht man ja zum Beispiel an den Super-Tuscans wie Sassicaia oder Ornellaia. Die waren ja lange lediglich als Tafelweine deklariert.
Unter den Landweinen der Toskana gibt es Weißweine wie Rosés und Rotweine, dazu Süßweine nach Art der Vendemmia tardiva, Bianco Passito und Rosso Passito. Wie in den anderen Landweinregionen auch, gibt es die Weine als Cuvées oder als sortenreine Weine, wobei bei denen mindestens 85 % der angegebenen Sorte enthalten sein müssen. Auf den rund 11.000 Hektar der Toscana IGT sind Dutzende Rebsorten zugelassen. Von den einheimischen toskanischen Sorten findet man natürlich Sangiovese, Canaiolo, Montepulciano oder auch Vermentino und Trebbiano. Genauso aber findet man auch Rebsorten wie Aleatico, Schiava, Ansonica oder Müller-Thurgau. Il mondo del vino è grande.